Page 57 - Wehrtechnik 01/2017
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Aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft                                             I/2017      55











            müssen, damit in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre keine Lücke ent­  Ein Kandidat, der im Ernstfall getestet ist
            steht. Vorgesehen ist, die Typenwahl 2020 zu treffen, so dass der   Am 30. November 2011 entschied sich der Bundesrat aus politischen
            Beschaffungskredit dem Parlament mit der Armeebotschaft 2022 bean­  Gründen auf Antrag von Bundesrat  Ueli  Maurer für das schwedische
            tragt werden kann. Die neuen Kampfjets würden dann ab 2025 schrittwei­  Projekt Saab GRIPEN E, das in der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014
            se ausgeliefert und die neue Flotte wäre, wenn alles rund läuft, ab 2030   beim Stimmvolk keine Gnade fand. Mit Blick auf die Beschaffung eines
            einsatzbereit. In diesen Zeitplan hat das VBS ein mögliches Referendum   neuen Kampfjets lohnt es sich, beim damaligen Sieger, dem französischen
            oder eine Volksinitiative gegen das Vorhaben mit einer Volksabstimmung   Kampfjet Dassault RAFALE nachzufragen, wie die Maschine weiterent­
            eingerechnet.                                         wickelt worden ist. Geplant ist auch eine Beschreibung der Entwicklung
                                                                  des EUROFIGHTERs seit der 2011.
            Wie läuft die Evaluation?
              Grundsätzlich hängt der Umfang der Evaluationsaktivitäten davon ab,   Gespräche auf Ministerebene
            wie viele Flugzeugtypen geprüft werden. Sind die Maschinen aus einer   Der französische Verteidigungsminister, Jean-Yves Le Drian, hat sich
            Evaluation bekannt oder nicht? Bekannt heisst nach dem VBS, dass ihm   bereits zweimal mit dem Schweizer Verteidigungsminister Guy Parmelin
            mehr als öffentlich zugängliche Informationen bekannt sind, die vom   getroffen. Dabei soll gemäss zuverlässigen Angaben die Beschaffung ei­
            Hersteller zur Verfügung gestellt worden sind. Würde die Evaluation auf   nes neuen Kampfjets für die Schweiz auch ein Thema gewesen sein.
            jene Flugzeuge beschränkt, die bereits im Rahmen des Projektes TIGER­                            Peter Jenni
            Teilersatz getestet worden sind, wäre es möglich, lediglich die zwischen­
            zeitlich von den Herstellern vorgenommenen Änderungen zu überprüfen.
            Werden zusätzliche Typen in die Evaluation einbezogen, müssten nach   Weiterentwicklung am RAFALE
            Meinung des VBS sämtliche Kandidaten, d.h., auch die bereits bekann­
            ten, dasselbe teure Evaluationsprogramm erneut durchlaufen. Der gros­  Die für die französische Marine gebaute besondere Version des
            se Aufwand könnte umgangen werden, wenn man sich bei der Auswahl   Dassault RAFALE war bereits in den Jahren 2006 und 2011 zusam­
            auf zwei oder gar nur einen bereits bekannten Flugzeugtyp beschränken   men mit den RAFALEs der Luftwaffe im „Krieg“ in Afghanistan, wo sie
            würde. Im Fall einer umfangreicheren Evaluation kann die Vorevaluation   ihre Fähigkeiten mit Erfolg bewiesen haben. Dort ging es vor allem um
            mit den sog. „Longlist“­Kandidaten entweder in der Schweiz oder   den Einsatz Luft – Boden. Eingesetzt wurden Laser­gelenkte Bomben
            in den Herstellerländern stattfinden. Die abschliessenden Tests und   und die 30 mm Bordkanone. Im Jahr 2011 lag das Schwergewicht
            Überprüfungen müssten dagegen wenn immer möglich in der Schweiz   der Aktivitäten im Libyen­Konflikt. Hier ging es um die Hoheit im
            durchgeführt werden.  Die Expertengruppe wird im Frühjahr 2017 in ih­  Luftraum, Einsatz gegen Bodenziele, um Aufklärung und um die  direkte
            rem Bericht Empfehlungen zum Umfang der Evaluation formulieren. Im   Unterstützung von Bodentruppen. Es folgte 2013 der Einsatz in Mali.
            Kurzbericht ist festgehalten, dass die Bandbreite der Evaluation nach   Vier RAFALEs flogen von  Frankreich (Saint­Dizier) aus ins   afrikanische
            Möglichkeit eingeschränkt werden soll.                Land, wo sie 21 Ziele der Rebellen zerstörten. Der Einsatz dauerte
                                                                  9 Std. und 35 Min.. Es war zeitlich der längste Einsatz in der Geschichte
            Verlängerung der Nutzung der F/A-18                   der französischen Luftwaffe. Gegenwärtig sind die RAFALEs der Marine
              Seit der Einführung der Maschinen in der zweiten Hälfte der 1990er   und der Luftwaffe Teil der alliierten Streitkräfte im Irak und in Syrien.
            Jahre wurden verschiedene Upgrade­Programme  vorgenommen.
            Die  McDonnell  Douglas (jetzt  Boeing) F/A­18 C/D der Schweizer   Exporterfolge im Jahr 2015
            Luftwaffe ist auf 5.000 Flugstunden pro Maschine ausgelegt. Wenn kei­  Am 16. Februar konnte Dassault zusammen mit dem französischen
            ne Massnahmen vorgenommen werden, erreichen die Kampfjets spä­  Verteidigungsminister in Kairo  einen Vertrag  für die  Lieferung von  24
            testens 2025 die zertifizierten 5.000 Flugstunden. Dies führt dazu, eine   RAFALEs für die Luftwaffe von Ägypten unterschreiben. Inzwischen
            Nutzungsdauerverlängerung vorzunehmen. Sie umfasst:   sind am 20. Juli 2015 bereits drei Maschinen ausgeliefert worden. Im
            •  Ein Struktursanierungsprogramm zum Erhalt der Flugtüchtigkeit bis   gleichen Jahr,  am 10. April, folgte in  Doha die Unterzeichnung eines
              6.000 Flugstunden pro Flugzeug.                     Übereinkommens für 24 RAFALEs nach Katar. Schliesslich konnte in
            •  Ersatz verschiedener Komponenten.                  Indien nach langen Verhandlungen am 23. September 2016 ein Vertrag für
            •  Massnahmen zur Verlängerung der operationellen Wirksamkeit in der   die Lieferung von 36 RAFALEs unterzeichnet werden.
              Kommunikation, Navigation und Identifikation.
            •  Je nachdem den  Aufbau einer  beschränkten  Befähigung  für  den
              Erdkampf.
              Dafür ist ein Kostendach von CHF 490 Mio. vorgesehen.

            „Service-Flugzeug“
              Entgegen früheren Ankündigungen wird auf die Ausserdienststellung
            eines Teils der F­5 TIGER verzichtet. Die Jets werden noch einige Jahre
            als „Service­Flugzeug“ in der Luftverteidigung und im Luftpolizeidienst
            eingesetzt.  Später dienen sie der Zieldarstellung,  als  Angreifer  für  das
            Luft kampftraining, im Bereich der elektronischen Kriegführung, zur Über­
            wachung der Radioaktivität der Luft und im Rahmen der Patrouille Suisse.

                                  Aus der Schweizerischen

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