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Menschenmenge überfliegen mindestens ordnungswidrig und begehen den Luftraum rund um den Aufstellungsort zu jeder Zeit beobachtet. „Die
mitunter sogar eine Straftat, wenn das UAS bspw. in den Luftverkehr leistungsfähige Software mit einem einzigartigen Algorithmus dahinter
eingreift. kann die Flugobjekte sicher identifizieren und dann nahtlos verfolgen,“
Ob es aber statthaft ist, den Standort eines Drohnen-Piloten zu er- sagt Lori Erlich, bei Controp zuständig für die Kommunikation. Nach
mitteln, weil sein Luftsportgerät das eigene Grundstück überflogen hat, Informationen des Herstellers kann das System auch integriert mit Radar-
ist zumindest fraglich. Auch ob das Zwingen zu einer Landung oder und Funkaufklärung eingesetzt werden oder im Verbund mit mehreren ein-
der kalkulierte Absturz im Inland mit Deutschen Recht vereinbar ist, zelnen Systemen zum Schutz ganzer Städte und Küstenabschnitte. Die
muss erst noch geklärt werden. „Es handelt sich beim Ausspähen und Aufklärungsreichweite des optischen Systems wird für kleinere Objekte
Rückverfolgen einer Steuerverbindung mit Sicherheit um ein Eingriff in mit mehreren hundert Metern, für größere Objekte mit mehreren Dutzend
das Fernmeldegeheimnis“, erklärt der Rechtsanwalt Peter Satorius, der Kilometern angegeben. Genaue Leistungsdaten sind auch hierbei nicht
auch große Firmen in Sicherheits- und Werkschutzfragen berät, „das kann veröffentlicht.
höchstens zur direkten Gefahrenabwehr statthaft sein.“ Ob beim Hacken Ein anderes israelisches Unternehmen setzt auf Radarerkennung in
einer Drohne ebenfalls ein Eingriff in die Vertrauenswürdigkeit und Integrität Sachen UAS. „Unsere MHR Radar-Familie hat sich als effektives Mittel
eines Informationssystems besteht – also der Eingriff vergleichbar mit dem gegen anfliegende UAS erwiesen“, sagt Zvi Alon, der CEO von RADA
Eindringen in einen fremden Computer ist – sei ebenfalls noch unklar, so Electronic Industries Ltd. „Durch die Erfahrungen an der südlichen
Satorius weiter. Dennoch gehen viele der Entwicklerfirmen einen Schritt Grenze Israels, wo die Systeme im Einsatz sind haben wir wichtige
weiter als der Gesetzgeber und begegnen den potentiellen Gefahren mit Erfahrungen gewonnen,“ ergänzt der Manager. Die Doppler-Radars sei-
sehr unterschiedlichen Ansätzen. Die Nutzung oder Störung des elektro- en in der Lage mit entsprechender Software-Unterstützung auch kleinste
magnetischen Spektrums (Jamming) muss zusätzlich fernmelderechtlich handelsübliche Quadcopter zu erfassen und zu verfolgen. Die Integration
betrachtet werden. mit anderen Systemen wird aber noch nicht angeboten.
Signale erfassen und zumindest Stören Gefängnisse und Fabriken als Einsatzorte
Ein deutsches System wirbt jedenfalls mit der Erfassung und Störung Immer stärker rücken auch Objekte in den Fokus, die immer wieder
der Steuersignale der kleinen Fluggeräte. Das System ARDRONIS ist besondere Sicherheitsanforderungen haben. Das System DroneTracker
für den mobilen Einsatz konzipiert und verspricht die hochfrequenten des Herstellers Dedrone aus Kassel ist bspw. vollständig auf den orts-
Steuersignale von Drohnen-Piloten nicht nur in einem 360° Umfeld sicher festen Einsatz innerhalb einer bereits gesicherten Liegenschaft optimiert.
zu orten, sondern potentiell auch die Kontrolle über die Fluggeräte über- Das System ist ebenfalls auf optische Sensoren angewiesen, kombi-
nehmen zu können. Das von der Münchener Firma Rohde & Schwarz niert diese aber mit dem Empfang und der Ortung der Funksignale des
(R&S) hergestellte System wurde nach Angaben der Firma bereits auf Drohnenpiloten. Dabei bleibt es aus den Leistungsbeschreibungen unklar,
dem G7 Gipfel auf Schloss Elmau und beim Obama Besuch auf der ob dies ein verdichtetes Lagebild ergibt oder die Funkergebnisse durch die
Hannover Messe 2016 eingesetzt. Bei beiden Einsätzen sei es gelungen optische Aufklärung nur beweisfest bestätigt wird, will Dedrone nicht mit-
den Kleindrohnen einen Einflug in den Bereich zu verwehren. Ob hier eine teilen. Das System sei offen für andere Ergänzungen und Fähigkeiten von
Kombination mit dem öffentlichkeitswirksamen Einsatz von SkyWall 100 Herstellern aus den Bereichen Radar und Jamming, die nicht zum Portfolio
stattfand, war auch auf Nachfrage nicht zu erfahren. von Dedrone gehören. Gleiches gilt für Effektoren.
Welchen Wirkradius das mobile System hat, welches nach Hersteller- Einen solchen Effektor hat Diehl Defence im Programm. Das HPEM
angaben auch in feste oder mobil-feste Bereiche installiert werden kann, (High-Power Electro-Magnetics) System sendet einen starken elektroma-
lässt R&S offen. Ferner soll ARDRONIS zwar durch eine Störung und gnetischen Puls aus. Er blockiert und überlädt die Steuerungselektronik
gezielte Ansprache des Steuersignals ein Eindringen in einen definierten des UAS. Alle gängigen Systeme leiten daraufhin eine Notlandung ein. Das
Schutzraum verhindern und den Standort des Drohnen-Piloten errech- System soll nach Herstellerinformationen in der Lage sein bis zu mehreren
nen können. Ob es mit dem System auch möglich ist, die Steuerung über hundert Metern Entfernung eine Drohne sicher zu stören und damit zur
das Fluggerät zu übernehmen oder es zur Landung zu zwingen, blieb auf Landung zu zwingen. Das gleiche System bietet Diehl übrigens auch zum
Anfrage dieser Zeitschrift offen. Fahrzeugschutz vor Sprengfallen und ähnlichen Remote-Trigger Gefahren
In einer Kombination von optischer Erfassung und Funkaufklärung arbei- an.
tet das System DIDIT von Telespazio VEGA. Es verspricht die Auslösung
eines Alarms weniger als 30 Sek. nach dem Eindringen eines UAS in einen MBDA mit Laser-Technologie
überwachten Luftraum. Es handelt sich nach der Auskunft des Herstellers
im Kern um eine Softwarelösung. „Das System alarmiert den Betreiber des Als einen weiteren möglichen Effektor bietet der Rüstungskonzern
Drohnenerkennungssystems sobald die charakteristischen Funksignale MBDA Deutschland den Einsatz einer Laser Waffe an. Das bereits seit
einer Drohne und deren Steuerung erkannt wurden. Es sammelt parallel 2008 als Demonstrator vorliegende Waffensystem soll zusammen mit ei-
Daten über die Steuerung durch den Piloten,“ sagt Christian Bodemann, nem Sensor die Erkennung und den sofortigen Abschuss eines kleinen
der Produktmanager von DIDIT. Flugobjektes ermöglichen. Mit welchen Sensoren die Aufklärung erfolgen
soll, ist aber genauso unklar, wie die Genauigkeit der Waffenanlage, deren
Optische Identifizierung Reichweite auf bis zu zwei Kilometer vom Hersteller angegeben wird.
Die meisten marktreifen Systeme sind momentan entweder auf die
Einen anderen Weg geht bereits seit 2015 der israelische Hersteller Aufklärung und Dokumentation oder auf die konkrete Abwehr von UAS aus-
CONTROP Precision Technologies Ltd. Mit seinem System TORNADO gelegt. Ein kombiniertes System, dass beide Fähigkeiten sinnvoll vereint
setzt die Rüstungsfirma auf eine leistungsfähige EO/IR Kamera, welche muss erst noch zur Marktreife geführt werden. Während im militärischen
Einsatz schon heute die Waffen
und Möglichkeiten vorhanden
sind, UAS in der Luft zu bekämp-
fen oder nachhaltig zu stören,
sind für den Sicherheitssektor
gesetzliche und organisatorische
Unsicherheiten die wohl größte
Hürde, die es vor der Einführung
einer effektiven und effizien-
ten Counter-Drone Lösung zu
wt
meistern gilt.
f Die meisten Systeme
setzen auf eine Kombination
aus Funkaufklärung
und optischer Sensorik.
(Foto: IAI)